Daytrading-Besteuerung
von CO-ADMIN · Veröffentlicht · Aktualisiert
Die Steuerfalle, die jeder Daytrader kennen sollte
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der November-Ausgabe 2019 des Monatsmagazins Global Citizen Explorer
Ob Du ein privater oder gewerblicher Trader von Wertschriften bist vermagst Du selbst vielleicht gar nicht zu sagen. Der steuerliche Unterschied in manchen Ländern könnte jedoch größer nicht sein. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Du den Unterschied zwischen beiden Arten des Handels von Wertpapieren kennst, auch wenn dies in vielen Ländern nur grob geregelt ist.
Wertschriften bezeichnen im eigentlichen Sinn nicht nur Aktien, sondern etwa auch Futures und Derivate wie Optionen und Swaps, sofern sie von einem bestimmten Basiswert abgeleitet werden. Ferner zählen etwa auch Partizipations- oder Genussscheine und andere Vermögensrechte dazu.
Konkret geht es bei dieser Problematik um die Besteuerung von Kursgewinnen, auf die in den meisten Ländern der Welt eine bevorzugte Steuer anfällt.
Oft, aber nicht immer, werden Kursgewinne mit einer Kapitalertrags-steuer ähnlich Dividenden und Zinserträgen belegt. Das ist zum Beispiel der Fall mit der Abgeltungssteuer in Deutschland oder der KEST in Österreich. Mit einheitlichen 26,375% bzw 25/27,5% ist die Besteuerung damit unabhängig vom Einkommen und ab bereits relativ geringer Steuerprogression vorteilhafter als die Einkommens-besteuerung.
Während in Deutschland und Österreich vermögende Privat-personen auf Gewinne ihrer Anlagen gewissermaßen also nur ein Viertel an den Staat abdrücken müssen statt bis zur Hälfte, wie gut verdienende Angestellte und Selbstständige, sieht es in nicht wenigen Nachbarländern noch deutlich krasser aus. Belgien etwa, das mit 50% Einkommenssteuer ab bereits nur 38.080€ die höchste Steuerprogression in der EU hat, stellt Kapitalerträge aus veranlagten Privatvermögen komplett steuerfrei. Ähnlich privilegiert, wenn auch mit geringer ausgeprägten Unterschieden zu lokalen Einkommens-steuersätzen sind die beiden anderen Benelux-Länder Niederlande und Luxemburg. Und auch die Schweiz ist für Steuerfreiheit für Kursgewinne natürlich zu nennen.
Diese Privilegierung von Kapitalerträgen über andere Einkommens-arten lässt sich in fast jedem Land der Welt finden, ist aber nicht in den Stein gemeisselt. Aktuell überlegt das Scholz-geführte Finanzministerium in Deutschland mal wieder die Abgeltungssteuer nicht wie bereits geschehen für Zinsen, sondern auch für Dividenden und Kursgewinne abzuschaffen. Damit würden diese Kursgewinne mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz versteuert werden – positiv bei geringen Einkommen nur aus Kapitalerträgen, aber stark negativ bei höheren Einkommen auch aus anderen Einkommens-quellen. Die aktuellen 42% Spitzensteuersatz (ohne “Reichensteuer”) sollen nämlich übrigens auch steigen.
Die Problematik gewerblichen Wertschriftenhandels
Genau das ist jedoch bereits der Fall in gewissen Ländern, die vermögenden Privatpersonen einen gewerblichen Wertpapierhandel unterstellen. Diese müssen – oft im Glauben steuerfrei zu sein – plötzlich ihre Kursgewinne mit der lokalen Einkommenssteuer besteuern lassen, weil man ihnen ihre rein private Vermögensverwaltung nicht mehr abnimmt. Eine Riesen-Steuer-falle.
In Deutschland und Österreich ist dabei der Unterschied zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichen Trading nicht sonderlich entscheidend. Selbst Daytrader haben regelmäßig keine Probleme ihre Kursgewinne nur mit Abgeltungssteuer zu versteuern. Oft übernimmt das bereits ihr Broker für sie, was auch den Zeitaufwand klein hält.
Anders sieht es jedoch etwa in der Schweiz, in Belgien und vielen anderen Ländern der Welt aus. Hier sind die lokalen Finanzbehörden teils stark hinterher gewerbliches Trading zu unterstellen. Und damit wird aus Steuerfreiheit schnell eine nicht unerhebliche Steuerlast.
Grundsätzlich betrifft die Problematik des “gewerblichen Wertpapierhandels” alle Länder, in denen Kursgewinne steuerfrei oder annähernd steuerfrei sind (Details zu diesen Ländern gibt es im Kapitel zu den Wohnsitz-Lösungen für den (Dividenden)-Aktien-handel. Neben der Schweiz, Niederlande, Belgien und Luxemburg betrifft dies auch die Non-Dom-Staaten Malta, Irland und England, bei denen (für Non-Doms) nicht eingeführtes Auslandseinkommen generell steuerfrei ist.
Die durchaus logische Argumentation ist aber, dass gewerbliches Trading aus eben diesem Land erfolgt und damit als Inlandsein-kommen zu werten ist. Gewissermaßen ist es also die “Regel der effektiven Geschäftsführung” obwohl in diesem Fall keine Firma besteht. Auch einige Staaten mit enger ausgelegter Territorialbesteuerung wie zum Beispiel Singapur und Hong-Kong können hier Probleme machen.
Wann ist man professioneller Trader?
Die Definition “gewerblichen Tradings” bzw. seine Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung eröffnet freilich Interpretationsspiel-raum.
Es besteht kein Gesetz irgendwo auf der Welt, dass diese Abgrenzung bis ins letzte Detail definiert. Die generell beste Übersicht über mögliche Faktoren bietet die eidgenössische Steuerverwaltung im Kreisschreiben 36 aus dem Jahr 2012. Hier heißt es:
Um der Mehrheit der Steuerpflichtigen eine angemessene Rechts-sicherheit zu gewährleisten, wurden für die Rechtsanwendung Kriterien ausgearbeitet, anhand derer im Rahmen einer Vorprüfung gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen werden kann.
Die Steuerbehörden gehen in jedem Fall von einer privaten Vermögensverwaltung bzw. von steuerfreien privaten Kapitalgewinnen aus, wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind.
- Die Haltedauer der veräußerten Wertschriften beträgt mindestens 6 Monate.
- Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestandes zu Beginn der Steuerperiode.
- Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftenen bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Rein-Einkommens in der Steuerperiode betragen.
- Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z.B. Zinsen, Dividenden, usw.) sind größer als die anteiligen Schuldzinsen.
- Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
Sind diese Kriterien nicht kumulativ erfüllt, kann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel nicht ausgeschlossen werden.
Die entsprechende Beurteilung erfolgt hierbei auf Grund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. Ziff. 4).
Ein Verstoß gegen die 5 aufgeführten Punkte führt nicht in jedem Fall zu einer Einstufung als gewerblicher Trader, kann jedoch den Verdacht in diese Richtung lenken. Gegen eine gelegentliche Veräußerung von Aktien nach bereits kurzer Zeitoder glückliche Spekulation, die das Einkommen sprunghaft ansteigen lässt, ist also nicht per se etwas einzuwenden.
Wesentlich ist vor allem wie man abgesehen von den Kapitaler-trägen seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dabei kann auch eine Anstellung oder Selbstständigkeit gefährlich sein, selbst wenn man das überwiegende Einkommen aus ihr bezieht.
Wenn die Tätigkeit nämlich im Finanzbereich liegt und insbesondere mit Wertpapieren zu tun hat, so kann aus diesem Hintergrund auch für die private Vermögensverwaltung schnell eine gewerbliche Motivation geschlossen werden.
Auch das Anlegen von Geldern für Familienmitglieder oder Freunde kann gefährlich sein, da es letztlich genauso Fremdfinanzierung ist, wie ein Bankdarlehen. Umgekehrt können Hilfestellungen ausführender Hilfspersonen wie Treuhänder oder Privatbanken ebenso zum gewerblichen Trading führen, sofern diese die Expertise haben. Das Kreisschreiben meint dazu:
Im Vordergrund stehende Kriterien:
- Höhe des Transaktionsvolumens (Häufigkeit der Geschäfte und kurze Besitzdauer)
Eine kurze Besitzdauer deutet darauf hin, dass die steuerpflichtige Person nicht vorwiegend Anlagezwecke verfolgt, sondern vielmehr an einer raschen Erzielung eines Gewinns interessiert ist (ASA 69, 652 und 788; 63, 43; 59, 709). Unter Umständen kann schon eine einzige Transaktion dazu führen, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt (2A.23/2004; ASA 69, 652). Die Häufigkeit der Geschäfte und die Kürze der Besitzdauer der Wertschriften sind Indizien dafür, dass die steuerpflichtige Person keine zumindest mittelfristige Kapital-anlage anstrebt, sondern auf eine rasche Erzielung eines Kapital-gewinns angewiesen ist und auch in Kauf nimmt, dass bedeutende Verluste entstehen könnten (ASA 71, 627).
- Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte
Der Einsatz von erheblichen Fremdmitteln in der privaten Vermögensverwaltung ist eher atypisch. Normalerweise wird bei der gewöhnlichen Anlage von privatem Vermögen darauf geachtet, dass die Erträge den Aufwand übersteigen (ASA 69, 788). Ist aber eine Fremdfinanzierung vorhanden, trägt die steuerpflichtige Person ein erhöhtes Risiko, welches ein Indiz für eine selbständige Erwerbs-tätigkeit darstellt.
Sofern die Schuldzinsen und Spesen nicht durch periodische Einkünfte gedeckt werden können, sondern mittels Veräusserungs-gewinnen beglichen werden müssen, kann von einer privaten Vermögensverwaltung nicht mehr die Rede sein (ASA 69, 788).
Der Umstand, dass die steuerpflichtige Person auf die Geltend-machung des Schuldzinsen- und Schuldenabzugs verzichtet, hat nicht automatisch zur Folge, dass die durch fremde Mittel finanzierten Wertschriften als Privatvermögen qualifiziert werden. Vielmehr ist im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung auf Grund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob die Wertschriften dem Privat- oder Geschäftsvermögen zuzuordnen sind.
- Einsatz von Derivaten
Ein Handel mit Derivaten kann der Absicherung namentlich des Aktienvermögens dienen. Übersteigt der Einsatz von Derivaten aber die Absicherung von Risiken und wird im Verhältnis zum Gesamt-vermögen ein großes Volumen umgesetzt, so ist der Handel mit Derivaten als spekulativ zu qualifizieren, was auf gewerbsmäßiges Vorgehen hindeutet.
Indizien von untergeordneter Bedeutung:
- die systematische oder planmäßige Art und Weise des Vorgehens
Die steuerpflichtige Person wird aktiv wertvermehrend tätig oder ist bemüht, die Entwicklung eines Marktes zur Gewinnerzielung auszunützen (ASA 69, 652 und 788; 67, 483). Für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit Wertschriften ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts weder erforderlich, dass die steuerpflichtige Person diese Tätigkeit in einem eigentlichen, organisierten Unternehmen ausübt (ASA 71, 627; 69, 788), noch dass sie nach aussen sichtbar am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt (ASA 69, 652; 67, 483; 66, 224). Die Wiederanlage der erzielten Gewinne in gleichartige Vermögensgegenstände kann als Teil eines planmäßigen Vorgehens betrachtet werden. Die Tatsache, dass die erzielten Gewinne in gleichartige Vermögensgegenstände investiert werden, ist auch ein Indiz dafür, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit mit Wertschriften vorliegt (ASA 69, 652 und 788; 67, 483; 66, 224).
- der enge Zusammenhang der Geschäfte mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person sowie der Einsatz spezieller Fachkenntnisse
Der enge Zusammenhang der Geschäfte mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person kann auch ein Indiz dafür sein, dass diese nicht wie eine Privatperson handelt, sondern eben wie eine haupt- oder nebenberuflich selbständig erwerbende Person versucht, Gewinne zu erzielen (ASA 66, 224). Diesen beiden Indizien ist durch den Entscheid des Bundesgerichts vom 23. Oktober 2009 (2C.868/2008) eine untergeordnete Bedeutung zugewiesen worden.
Lösungen für gewerbliche Trader
In der Praxis ist man oft wesentlich flexibler als es sich hier anhört. Hat die zuständige Finanzbehörde jedoch einmal Verdacht gewittert, sollte man tunlichst die 5 oben genannten Faktoren einhalten um nicht eine böse Überraschung zu erleben.
Typische (Day)-Trader müssen sich generell wenig Gedanken um einen Steuerwohnsitz und damit auch Doppelbesteuerungsabkommen machen. Es reicht die nötige Compliance zur Broker-Eröffnung, sonst kann man Perpetual Traveler sein. Geht es nur um Kursgewinne aller Art – ob bei Aktien, Futures, im Forex-Handel, bei Optionen oder anderen Derivaten – haben Doppelbesteuerungs-abkommen keinen Vorteil. Kursgewinne stehen laut jedem DBA sowie dem OECD-Musterabkommen immer dem Wohnsitzland zu.
Auch hier kann es aber natürlich wieder aus Gründen des Vermögensschutzes Sinn machen eine Firma zu nutzen. Weitere Gründe dafür können zum Beispiel die Umgehung gewisser Finanzmarktregulierungen (etwa der EU) sein oder in bestimmten Fällen auch Steuervorteile sein. Zum Beispiel, weil man eingestuft als gewerblicher Trader die noch deutlich höhere Einkommenssteuer und teilweise sogar Sozialbeiträge zahlen müsste.
Da es hier um jeden Kursgewinn von teils Dutzenden Trades am Tag geht, ist jeder Prozent Minderung attraktiv. Die Körperschaftssteuer ist hier ab einem gewissen Volumen fast immer attraktiver als die Einkommenssteuer, selbst wenn man noch die Kapitalertragssteuer bei Ausschüttung hinzurechnet. Als gewerbliche Trader eingestufte Privatpersonen in der Schweiz können über die Gründung einer Gmbh in etwa Luzern ihre Besteuerung pro Trade auf immerhin 12,3% begrenzen.
Ein anderer Grund kann zum Beispiel sein, dass Länder keine Außensteuergesetze kennen, obwohl lokal Einkommen und auch Kursgewinne hoch besteuert werden. Mit der richtigen Firmenstruktur kann man so legal steuerfrei traden und sich nur die Gewinne ab und an versteuert auszahlen. Manchmal, etwa beim Beispiel von Zypern-Non-Dom, sind auch nur gewisse Einkommenskategorien wie Dividenden steuerfrei, für die man logischerweise eine Kapitalgesellschaft braucht. Oft lassen sich mit der richtigen Offshore-Jurisdiktion damit sogar die bei vielen Trades lästige Buchhaltung vermeiden, die man eigentlich im Land des Steuerwohnsitzes hätte.
Letztlich haben beide Ebenen ihre Vor- und Nachteile. Je größer das Vermögen jedoch ist, desto mehr Argumente lassen sich für eine Vermögensverwaltung über eine separate juristische Person finden. Ab ca. 1 Million Euro lässt sich dies auf jeden Fall empfehlen. Bis zu dieser Summe macht es vor allem Sinn, wenn sich daraus steuerliche Vorteile ergeben, etwa einer Anlagestrategie, die stark auf Dividenden setzt.
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